Wenn Liebeskummer der Gesundheit schadet

Zahllose Tränen, die verzweifelte Suche nach „Ex zurück Tipps“ im Internet, gläserweise Wein mit den besten Freundinnen – auch wenn es zunächst scheint, als nähme der Schmerz nie ein Ende, in den meisten Fällen nimmt Liebeskummer mit etwas Zeit und Hilfe von allein ab. Allerdings längst nicht immer. Manche Menschen wirft der Verlust einer geliebten Person völlig aus der Bahn. Und einige macht er sogar krank. Wann wird Liebeskummer gefährlich – und was können wir dagegen unternehmen?

Liebeskummer nicht unterschätzen

Günter H. Seidler, Facharzt für Psychotherapie und Professor an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, hält den Begriff „Liebeskummer“ für viel zu harmlos. „Trennungen und unglückliche Lieben können nicht nur eine vorübergehende Traurigkeit auslösen, sondern tatsächlich krank machen“, erklärt der Experte. Von vielen Menschen werde das jedoch nicht ernst genommen: „Schon die Bezeichnung ist im Grunde bagatellisierend: Liebeskummer, das klingt nach einem Teenagerproblem, das sich auf dem Schulhof abspielt. Dabei sprechen wir von einem seelischen Leiden, das auch viele Erwachsene aus der Bahn wirft.“ Problematisch sei vor allem, dass vom Umfeld der Betroffenen häufig erwartet wird, dass sich der Herzschmerz nach einer Weile wieder legt. „Sie gehen davon aus, dass das bisschen Liebeskummer mit der Zeit von selbst verschwindet.“ Oft sei das jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, einige Menschen leiden monate- oder sogar jahrelang unter der Trennung.

Der Schmerz kann durchaus zwei Jahre andauern“, so Seidler. „Und manchmal auch ein ganzes Leben.“

Liebeskummer ähnelt einer Depression

Eine unerwartete Trennung bringt Betroffene häufig völlig aus dem Gleichgewicht. Wer unter Liebeskummer leidet, durchlebt meist gleich mehrere der folgenden Gefühle:

  • gedrückte Stimmung
  • Freud- und Interesselosigkeit
  • Antriebs- und Schlafstörungen
  • Konzentrationsprobleme
  • Schuldgefühle
  • Hoffnungslosigkeit
  • Gefühl der inneren Leere
  • Zukunftsangst
  • Verlust der Libido
  • Störung des Essverhaltens

Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um klassische Liebeskummer-Symptome, sondern auch um typische Anzeichen für eine Depression.

Tatsächlich haben der Verlust eines geliebten Menschen und eine klinische Depression mehr gemein, als viele vermuten –  vor allem aus hormoneller Sicht. Während eine Depression häufig mit einem Mangel an Glückshormonen einhergeht, sinkt auch nach dem Verlassen­werden der Serotonin- und Dopaminspiegel drastisch. Außerdem steigt die Produktion des Stresshormons Cortisol, was eine ganze Reihe von negativen Konsequenzen für die Gesundheit haben kann.

Broken-Heart-Syndrom durch emotionalen Stress

Im Extremfall kann der emotionale Stress sogar tödlich sein. Als sogenanntes Broken-Heart-Syndrom bezeichnet man das Phänomen, bei dem Menschen nach dem Verlust eines geliebten Menschen plötzlich an akutem Herzversagen leiden. „Viele kommen mit Brustschmerzen und Atemnot in die Klinik und alles spricht erstmal für einen Herzinfarkt“, erklärt Katrin Streckfuß-Bömeke, Biologin an der Universitätsmedizin Göttingen. Sie erforscht die Krankheit schon seit einigen Jahren und kennt die zum Teil dramatischen Auswirkungen eines gebrochenen Herzens: „Das Broken-Heart-Syndrom kann in der akuten Phase in der Tat tödlich verlaufen“, sagt Streckfuß-Bömeke.

Durch Therapie Verluste besser verarbeiten

Auch wenn eine so extreme Entwicklung eher die Ausnahme bildet, gilt es, Liebeskummer nicht zu unterschätzen. In jedem Fall stellt der Herzschmerz eine enorme Belastung für Körper und Geist dar, die nicht mit einem müden „Das wird schon wieder.“ abgetan werden sollte. Ausreichend Ruhe und Zeit sind das Mindeste, das sich Betroffene in dieser Zeit gönnen sollten. Bewegung an der frischen Luft, zum Beispiel in Form eines ausgedehnten Spaziergangs, kann außerdem helfen, den Hormonspiegel auszugleichen und auf andere Gedanken zu kommen.

Studien haben weiterhin gezeigt, dass soziale Unterstützung eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung emotionaler Rückschläge spielt. Das liegt vor allem daran, dass eine Trennung häufig mit einem schmerzhaften Gefühl der Zurückweisung einhergeht, welches durch gemeinsame Zeit mit Freunden und Familie gelindert werden kann.

Sollte sich jedoch auch nach mehreren Wochen keine Besserung einstellen, oder der Liebeskummer das Leben des Betroffenen maßgeblich beeinflussen, ist es ratsam, eine Therapie in Erwägung zu ziehen. Oft bedarf es professioneller Unterstützung, um eine Trennung vollständig zu verarbeiten.

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